In einem Blog las ich neulich einen - schon etwas älteren - Beitrag mit dem Thema "Schüler fehlen häufiger im Unterricht", dessen letzter Absatz mich sehr nachdenklich machte. Die Autorin schreibt, es sei "so wichtig herauszufinden,
wo die Blockaden des Kindes liegen, damit es wieder gerne die Schule –
und das aus freiem Willen – besucht. Für ein Lernen, das so wichtig ist
für die Zukunft Ihres – und unseres – Nachwuchses."
Ist es überhaupt möglich, "aus freiem Willen" die Schule zu besuchen?
Setzt Willensfreiheit nicht Handlungsfreiheit voraus, dass man sich also entscheiden kann zwischen (mindestens zwei) Handlungsalternativen, dass man wählen kann?
Das würde bedeuten, dass es in Deutschland gar nicht möglich ist, "freiwillig" zur Schule zu gehen. (Ich will damit nicht die Autorin in ihrer Aussage kritisieren - im Gegenteil: Dies ist eine sehr denkwürdige und diskussionsanregende Aussage.)
Mit "freiem Willen" kann also in diesem Fall nur gemeint sein, dass Schüler sich für den eigenständigen Gang zur Schule entscheiden und gegen (bzw. nicht für) den mittels Zwangsmaßnahmen erzwungenen Gang zur Schule - das sind die beiden Alternativen, zwischen denen Wahlfreiheit besteht.
Kann man sich für etwas entscheiden, wenn man sich nicht dagegen entscheiden darf? Angenommen, du könntest entscheiden, ob du zur Schule gehst oder nicht (unter dem "oder nicht" können wir uns so wenig vorstellen, aber es gibt tatsächlich mehr als nur eine Alternative, um sich zu bilden), dann - und nur dann - hättest du die Möglichkeit, dich für das Lernen in der Schule zu entscheiden. Wie wäre Schule als Lernort, an dem alle freiwillig sein und teilnehmen wollten? Wie wäre es für Schüler? Wie wäre es für Lehrer?
Es ist natürlich berechtigt, sich zu wünschen, dass Kinder gerne in die Schule gehen und zu überlegen, was geschehen muss, damit sie es tun. Kann man gerne an einen Ort gehen, an den man gehen muss? Kann man gerne an einen Ort gehen, der so gestaltet ist, wie der Ort, an den du täglich gehst? Würde man lieber an diesen Ort gehen, wenn man hingehen dürfte und nicht müsste? Würde dieser Ort mehr Potential haben, sich im Sinn aller Beteiligten zu verändern, wenn jeder Verbesserungsvorschläge machen dürfte oder wenn jeder sagen dürfte "Das tut mir so nicht gut, ich habe eine bessere Idee, wie und wo und wann ich das lernen kann und will"?
Würdest du vielleicht gerne (oder lieber) in die Schule gehen, wenn du die Chance hättest, dich dafür zu entscheiden?
Setzt Willensfreiheit nicht Handlungsfreiheit voraus, dass man sich also entscheiden kann zwischen (mindestens zwei) Handlungsalternativen, dass man wählen kann?
Das würde bedeuten, dass es in Deutschland gar nicht möglich ist, "freiwillig" zur Schule zu gehen. (Ich will damit nicht die Autorin in ihrer Aussage kritisieren - im Gegenteil: Dies ist eine sehr denkwürdige und diskussionsanregende Aussage.)
Mit "freiem Willen" kann also in diesem Fall nur gemeint sein, dass Schüler sich für den eigenständigen Gang zur Schule entscheiden und gegen (bzw. nicht für) den mittels Zwangsmaßnahmen erzwungenen Gang zur Schule - das sind die beiden Alternativen, zwischen denen Wahlfreiheit besteht.
Kann man sich für etwas entscheiden, wenn man sich nicht dagegen entscheiden darf? Angenommen, du könntest entscheiden, ob du zur Schule gehst oder nicht (unter dem "oder nicht" können wir uns so wenig vorstellen, aber es gibt tatsächlich mehr als nur eine Alternative, um sich zu bilden), dann - und nur dann - hättest du die Möglichkeit, dich für das Lernen in der Schule zu entscheiden. Wie wäre Schule als Lernort, an dem alle freiwillig sein und teilnehmen wollten? Wie wäre es für Schüler? Wie wäre es für Lehrer?
Es ist natürlich berechtigt, sich zu wünschen, dass Kinder gerne in die Schule gehen und zu überlegen, was geschehen muss, damit sie es tun. Kann man gerne an einen Ort gehen, an den man gehen muss? Kann man gerne an einen Ort gehen, der so gestaltet ist, wie der Ort, an den du täglich gehst? Würde man lieber an diesen Ort gehen, wenn man hingehen dürfte und nicht müsste? Würde dieser Ort mehr Potential haben, sich im Sinn aller Beteiligten zu verändern, wenn jeder Verbesserungsvorschläge machen dürfte oder wenn jeder sagen dürfte "Das tut mir so nicht gut, ich habe eine bessere Idee, wie und wo und wann ich das lernen kann und will"?
Würdest du vielleicht gerne (oder lieber) in die Schule gehen, wenn du die Chance hättest, dich dafür zu entscheiden?
Jetzt hatte ich gerade einen längeren Kommentar hierzu geschrieben und dann meinte Blogger ich hätte keine Rechte hier zu schreiben, ich versuche es hiermit nochmal, aber nur kurz, hab keine Lust mehr ;)
AntwortenLöschenDie Essenz: Ich habe es getan. Meine Eltern haben mich mit 11 Jahren nicht mehr zur Schule gezwungen, ich hatte die Wahl. Daraufhin bin ich erstmal nicht mehr, dann eine Zeit in eine Freie Schule, vorallem wegen der fehlenden sozialen Kontakte auf dem Land, dann wieder nicht, dann habe ich eine Sudbury Schule mitgegründet, war dort 2 Jahre und bin seitdem nicht mehr (das war alles in Deutschland). Ich habe seit 10 Jahren die freie Wahl und bin mittlerweile davon überzeugt das keine Schule zu mir passt - und auch das ich keine nötig habe! Ich brauche keinen Ort an den ich täglich gehe, bei dem ich Regeln für alle möglichst von allen festlegen muss. Ich möchte meine Freiheit nicht unnötig einschränken (dabei habe ich kein Problem mich an Regeln zu halten, z.b. in der Bücherei, etc).
Ich kenne auch einige Menschen die nie zur Schule gegangen sind, und diese aber irgendwann ausprobieren wollten. Die wenigsten davon sind länger als 2 Wochen hingegangen (egal ob Freie Schule oder Staatschule). Aber nicht weil die Schulen sie nicht gerne gehabt hätten, diese Menschen haben einfach gemerkt das sie ohne Schule viel effektiver lernen und viel entspannter leben können.
Gruß
Malchus
Hallo,
AntwortenLöschenbeim Lesen Deines Beitrages, Malchus, drängt sich mir gleich die Frage auf: Wie hat das funktioniert? Also nicht, wie konntest Du zu der Überzeugung kommen, daß keine Schule zu Dir passe (das kann ich vollkommen nachvollziehen), sondern wie gelang es Deinen Eltern überhaupt, die Schulpflicht zu umgehen?
Überall liest man (und erlebt es als Schüler ja auch selbst), daß man hier in Deutschland nicht so einfach entscheiden kann, einfach nicht mehr zur Schule zu gehen - außer in wenigen Ausnahmen wie bei Teenie-Popstars, und auch da wird es nicht "so einfach" sein, denke ich mir. Bei Dir klang es jetzt so, als hättest Du einfach nur die Entscheidung treffen müssen. Kannst Du da vielleicht etwas mehr zum Hintergrund erzählen?
Liebe Grüße,
Levanna
So, ich komme gerade vom Septembertreffen der Jugendgruppe Septré (http://www.septembertreffen.de/st/ und http://www.facebook.com/Septre)
AntwortenLöschendeswegen kommt die Antwort ein bisschen verspätet ;) Es gibt in Deutschland durchaus viele Menschen im schulpflichtigen Alter die selbstbestimmt Leben wollen und deswegen nicht zur Schule gehen oder gegangen sind. Gerade diese Woche und an diesem Wocheende habe ich auf dem Septembertreffen & auf dem Bildungspicknick des BVNL in Stuttgart einige davon getroffen. Die Hintergründe sind bei jeder Familie und bei jedem Menschen anders.
Die Entscheidung nicht in eine Schule gehen zu wollen hatte ich schon bevor ich überhaupt in eine gegangen bin, das was meine älteren Geschwister dort erlebten war nichts was ich erleben wollte. Aber weil es eben nicht so einfach ist, und meine Eltern damals keine Alternativen sahen, musste ich hin. Bis irgendwann klar wurde das wenn ich und mein älterer Bruder noch länger hingehen würden, es unsere Familie kaputt machen würde (Schulwechsel, etc hatten nicht geholfen).
Die Konsequenzen dieser Entscheidung war eine fünf Jahre lange Auseinandersetzung mit Schulämter und Gerichten (Bußgeldbescheide, viele viele Briefe, am Ende versuchter Sorgerechtsentzug in schulischen Belangen), bis dahin das meine Eltern für 2 Jahre nach England gezogen sind.
Solange wir also in Deutschland waren war unser Weg die Schulpflicht zu umgehen sich darüber hinwegzusetzen. Ich habe jedoch für mich nach 2 ohne Schule Jahren eine Ausnahmegenehmigung mit dem Oberschulamt erwirkt - diese galt jedoch nur für mich und nicht für meine beiden Brüder!
Gruß
Malchus