Nachdem ich so manches anzweifle, was man so in der Schule lernen muss bzw. vor allem, auf welche Weise und unter welchen Umständen man es lernen muss, ist doch immer noch die Vorstellung in mir haften geblieben, Vokabeln müsse man aber doch pauken. Das sei doch auch sinnvoll, denn ohne die Worte kann ich ja die Sprache nicht verstehen und sprechen schon gar nicht. Hm...
Vokabeln lernen hat mir nie so sonderlich viel Spaß gemacht und so butterweich in einen fortschreitenden Lernprozess ist es auch nie eingeflossen. Ich erinnere mich noch an meine wahnsinnige Gedächtnisleistung, mit der ich an den Abenden vor Lateinvokabeltests mehrere Lektionen Vokabellisten in mein Hirn stopfte - dabei hab ich immer mit einem Stift die Worte abgehakt, die ich drei- oder mehrmals nacheinander wusste, und die immer weniger werdenden Worte in der Liste so lange wiederholt und wiederholt, bis ich alle konnte. Hat für mich super funktioniert, denn den Vokabeltest am nächsten Tag bestand ich mit Bravour. Aber nach kurzer Zeit waren die Bedeutungen aus meinem Kopf wieder verschwunden, bei der Anwendung hat mir das Pauken nie geholfen (aber gut, wir haben uns im Unterricht auch nicht auf Latein unterhalten - könntest du dir das vorstellen?) - und heute weiß ich nix mehr.
Beim Sprachenlernen in der Schule war ich am Anfang immer recht gut, weil ich so ein (Lern-)Typ bin, der gut Grammatik lernen kann. Eine Fremdsprache lässt sich leichter lernen, wenn man die eigene Sprache schriftlich gut beherrscht, belesen ist und auch die Grammatik draufhat. Das war bei mir der Fall, aber was machst du, wenn deine Stärken eher in anderen Bereichen liegen? Und ist es wirklich sinnvoll, eine Sprache über einen so ausgeprägt schriftlichen Weg zu lernen und die Grammatik zu können? Verstehen und Sprechen konnte ich die Sprachen dadurch noch lange nicht (richtig). Richtig Englisch gelernt habe ich erst nach meiner Schulzeit, als ich mich immer mehr überwand, Filme und meine Lieblingsserien auf Englisch zu schauen (mit DVDs ja heutzutage kein Problem). Und am besten ist es, in das Land zu reisen, in dem die Sprache gesprochen wird, die du lernen willst (oder sollst) - was ja nicht immer so ohne weiteres möglich ist. Welche Möglichkeiten gibt es also noch?
Wie lernen denn Babys die Sprache? Meine beiden Töchterchen hab ich nie Vokabeln lernen lassen, auch keine Grammatik, und Deutsch haben sie ratzfatz drauf. Sie sind immer extrem motiviert, haben super viel Spaß und lernen total schnell. Und was mache ich, was meine Französischlehrerin einst nicht gemacht hat (oder umgekehrt, was mache ich nicht, was sie einst gemacht hat?):
(1) Ich rede ganz viel mit ihnen - gut, das machen Sprachlehrer auch, aber der entscheidende Unterschied ist: das was ich zu ihnen spreche steht im Zusammenhang zu relevanten, lebenswichtigen Dingen eingebettet in unseren Alltag, in unser Leben. (2) Ich höre ihnen zu, egal, was und wie sie es sagen und erfreue mich daran. (3) Ich korrigiere oder verbessere sie nicht. (4) Ich bewerte sie nicht und gebe ihnen keine Noten. (5) Ich sage ihnen nicht, wann sie wieviel können und in welchem Zeitraum sie was lernen müssen ("Also bis nächste Woche musst du alle Obstsorten aussprechen und farblich benennen können, sonst gibt es kein Frühstück!"). Alles andere wäre absurd bei Babys, oder? Und warum ist es bei größeren Menschen nicht mehr absurd? Zeigen uns Babys nicht, wie der Mensch von Natur aus Sprachen lernt?
Wenn du Probleme mit Fremdsprachen hast (in der Schule oder sonstwo), dann will ich dir jemanden vorstellen mit einem interessanten Konzept: Vera Birkenbihl, die sich seit Jahrzehnten mit gehirn-gerechtem Lernen (nicht nur von Sprachen) beschäftigt und eine sehr unterhaltsame Art hat, uns ihre Erkenntnisse näher zu bringen (falls du sehr auf Äußerlichkeiten wert legst, lass dich von dieser eigenwillig gestylten Frau in ihrer chaotischen Stube nicht abschrecken, sie hat wirklich sehr viel zu bieten!). Im folgenden kannst du dir in acht Teilen ihre "Basis-Erklärung Sprachenlernen" anschauen, welchen du bei YouTube findest. Viel Spaß beim Schauen und an möglichen Ideen oder Erkenntnissen!
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