Samstag, 12. April 2014

Gute Frage: Schule Schwänzen? Und die Folge... für den "Schulschwänzer"?

Gefunden unter gutefrage.net:
Hallo, ich bin 16 Jahre (m) alt und geh auf ein Gymnasium. In letzter Zeit habe ich oft geschwänzt,....ich weiß , dass das nicht gut ist...und habe auch immer ein schlechtes Gewissen gegenüber meiner Mutter desswegen....mein kopf sagt, dass ich in die Schule muss, aber mein körper bleibt einfach liegen....ich bin schon so weit, dass es mit Bußgeld geregelt wird.....doch ich bleibe dennoch liegen...obwohl es bei uns finanziell nicht so gut läuft...doch das schlimmste ist, dass ich mitbekommen habe, dass meine Mutter auch eine Anzeige bekommen kann/bekommt..kann man das nicht auch ohne Anzeiger regeln, denn meine Mutter versucht echt alles um das zu regel und ich will sie nicht belasten..... Also: Kann man das auch alles ohne Anzeige für meine Mutter regeln?

Und beantwortet mit:

Lieber 16-Jähriger,

ich finde es sehr mutig von Dir, dass Du Dich mit Deinem Anliegen an dieses Forum hier wendest, in dem ich immer wieder erschrocken bin, wie unempathisch und verurteilend Menschen antworten, die eigentlich vertrauensvoll um Rat und Beistand gefragt wurden (und dann auch noch mit einem Anliegen, das ohnehin stigmatisiert und kriminalisiert, also als Verbrechen behandelt, oder pathologisiert, also als Störung oder Krankheit behandelt wird).

Du machst Dir sehr große Sorgen um Deine Mutter und fühlst Dich verantwortlich für das, was ihr widerfährt - das ist etwas ganz Normales und Liebes und zugleich verhängnisvoll. Denn was ist mit Dir? Machst Du Dir auch Sorgen oder Gedanken um Dich? z.B. Welche berechtigten Gründe und Motive es für Dein Handeln gibt? Was eigentlich Deine Bedürfnisse sind, was Du brauchst und was nicht? Und dass Du eigentlich ganz anderes bräuchtest, als Drohungen und Bedrohungen, noch weitere Belastungen, Strafen oder dergleichen?

Ich kenne einen jungen Mann, der heute Mitte 20 ist, der sich als 13-Jähriger der Schule verweigert hat. Als seine Eltern mit Bußgeldern bestraft wurden, schrieb er einen Brief an entsprechende Stellen und fragte, was das eigentlich solle, dass man seine Eltern dafür bestrafte, dass er für sich in Anspruch nahm, eigene Entscheidungen zu treffen!? Die Entscheidung, zu etwas Nein zu sagen! Sag: warum darf ein Mensch hier eigentlich nicht Nein sagen? Ist das eigentlich zu rechtfertigen? (Meiner Ansicht nach mit keiner einzigen Silbe!)

Matti (Kuhlmann) hat Dich in seinem Kommentar auf einen Link verwiesen: was der Unterschied zwischen einem Schulschwänzer und einem Freilerner ist. Hast Du's mal gelesen? Besser wär eigentlich zu fragen, was der Unterschied zwischen einem Schulschwänzer ist und einem Menschen, der Nein sagt! Der erste sagt eigentlich oder irgendwie Nein, hat aber ein schlechtes Gewissen, weil er denkt, dies sei falsch, das dürfe er nicht oder ähnliches. Das Schulschwänzerdasein ist ein unangenehmer Zustand - den ich Dir vollkommen zugestehe, aber nicht allzu lange wünsche. Denn dann kannst Du (und Deine Mutter) tatsächlich Opfer von blöden Maßnahmen werden.

Ich wage es mal, Dir zwei mögliche Wege zu zeigen (vielleicht gibt's noch mehr), zwischen denen Du grad gefangen bist (wie in einer Zwischenwelt):

1. Unselbständig, unmündig und abhängig bleiben und tun, was man Dir vorschreibt, also: zur Schule gehen!

2. Dein Leben und damit Deine Bildung (oder umgekehrt) selbst in die Hand nehmen, selbstbestimmt sein (was nicht einfach und bequem ist, 1. scheint erstmal bequemer), mündig sein ...

Mir fällt eine 3. ein: alles erstmal noch so lassen, denn Entscheidungen treffen braucht etwas Zeit und vor allem Informationen...

Für alle 3 Fälle will ich Dir wärmstens Das Teenager Befreiungs Handbuch ans Herz legen!

Ob 1. (zur Schule gehen) für Dich möglich ist und unter welchen Umständen es möglich wäre und was Du dafür brauchtest, solltest Du Dir überlegen und schauen, ob Du es bekommst. Wenn Du Dich dafür entscheidest, dann könnte Dein Auftrag an Menschen wie Deine Eltern, Lehrer, Schul- oder Jugendamtsmitarbeiter oder andere sein, Dir die notwendige Unterstützung zu geben.

Für 2. bräuchtest Du Menschen, die Dich beraten und begleiten. Du bräuchtest Mut. Und Du bräuchtest die Bereitschaft, das ein oder andere zu lesen. Dafür kann ich Dir ein paar Anlaufstellen und Tipps nennen:

Schau mal, ob Dich folgende Internetseiten ansprechen (alle bei Google zu finden, bei allen findest Du Ansprechpartner): Freilerner-Solidargemeinschaft, Septembertreffen, Blog für Schüler, Schulfrei-Festival.

Beim tologo-Verlag gibt's interessante Bücher. Aber das Buch ist "Das Teenager Befreiungs Handbuch"! (das Buch ist der Hammer, eine Fundgrube an allem, was ich in Deinem Alter mir gewünscht hätte!)

Vertrau Dir selbst und wende Dich an Menschen, die Dich ernst nehmen und unterstützen - und zwar so, dass DU es als Unterstützung erlebst (nicht so, weil sie denken, was gut für Dich ist und vielleicht ist es das nicht...). Zwang und Drohung und Strafe ist niemals gut für Dich (und für niemand anderen ebenfalls)! Alles wäre Gewalt: und Du hast ein Recht auf Freiheit von Gewalt und ein Recht auf die freie(!) Entfaltung Deiner Persönlichkeit (google mal "Allgemeines Persönlichkeitsrecht").
(Deine Mutter mit Anzeige zu bedrohen entspräche eigentlich dem Straftatbestand der Nötigung, Dich mit Polizei abzuholen dem des Kindesentzugs und der Freiheitsberaubung - aber in Bezug auf "Schule" wird offensichtlich so getan, als gelte dies alles dort nicht... wie lässt sich das eigentlich rechtfertigen? Eigentlich gar nicht!!).

Alles Gute für Dich!
Franklin

5 Kommentare:

  1. Mal eine Anmerkung: Was spricht denn dagegen einfach mal versuchen den Kontakt zu einem Vertrauenslehrer zu suchen?

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  2. Ja das finde ich! Genau für solche Fälle wurde die "Position" eines Vertrauenslehrers geschaffen.

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  3. Gut geschrieben. Aber ich finde heutzutage werden Schüler auch unter Druck gesetzt, nicht jeder kommt damit klar. Also ich versteh das auch ja und das mit Bildung, man sollte weitere Optionen sonst mit den Lehrern absprechen.
    LG Sky

    meinekreativewelt13.blogspot.com

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  4. Franklin sagt das richtige. Wir sind mit Dir. Wir sind die Leute am Rand. Die, auf die niemand achtet. Eines Tages wirst Du zu uns finden. Es bleibt mir nichts anderes übrig als solche Worte. Ich habe - noch, wer weiß für wie lang - eine "bürgerliche Existenz". Niemand hält das hier mehr aus. Wir können nur ein wenig voraus ahnen. Ich trage vieles in mir, aber noch kann ich nicht reden, die Sterne stehen schlecht, sozusagen. Wir alle tragen das Feuer in unseren Herzen.

    Du wirst finden. Es gibt sie noch, die sanften Menschen. Es gibt Gewissen und es gibt Vernunft und Ehrlichkeit. Diese Zeiten sind äußerst schlecht für sehr viele Leute. In Deutschland scheint es zur Zeit, als sei alles gestorben. Nichts aber ist tot. Das Gute hat sich verändert. Es ist jetzt schon überall. Mein eigenes Leid konnte man heilen, und ich will Dir einen Hauch meiner Heilung mitgeben.

    Finde es. Finde das Gute. Es ist überall. Wir werden Dir helfen. Wir werden Dir alle Rituale geben. Wir werden Dich segnen. Ich weiß das, da ich auch einmal derart gesucht habe. Ich weiß, dass ich nur wahrhaft leben kann, wenn ich das Leben, das mir zuteil wurde, Dir mitteilen kann.

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  5. Hallo Franzi. Super! Da Du die FreilernerSolidarGemeinschaft erwähnst ... ich war davon auch mal begeistert, habe ihnen aber eine eMail geschrieben, und auf den Tatbestand hingewiesen, dass Deutschland eine GmbH ist und die Ämter Firmen, die allenfalls Angebote machen können, aber nichts einfordern! Ich hab dazu im Kommentar zu der Buchrezension "TeenagerBefreiungsHandbuch" schon geschrieben. Und Du erwähnst nun zusätzlich, dass man sich gegen Nötigung wehren kann. Das müsste der Freilerner Solidar Gemeinschaft ja auch bekannt sein. Ich habe sie aber bisher so kennen gelernt, dass sie das Geld, was die Ämter von den Familien wollen, die wegen Schulpflicht genötigt wurden, einfach nur versuchen, von anderen Menschen einzusammeln, anstatt sich dafür einzusetzen, dass sich wirklich was ändert. Hier schau die Antwort von dort: "Wir sind allerdings der Überzeugung, dass die von Ihnen als "Tatsachen" angegebenen Behauptungen nicht zutreffend sind.
    Einerseits zeigt uns - und den von der Schulpflicht betroffenen Familien - die tägliche Lebenserfahrung (auch und gerade in Bezug auf Schulpflicht, Bussgelder usw.), dass die Behörden und Ämter in der Praxis sehr wohl in der Lage sind, Forderungen zu stellen und durchzusetzen, so dass Bussgeldbescheide in der Praxis durchaus "gültig" sind.
    Andererseits halten wir diese Behauptungen auch formal-sachlich für falsch.

    Die freiheitlich-demokratische Grundordnung auf der Basis des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland ist für uns die gültige Rechtsordnung für das Zusammenleben in Deutschland sowie die Grundlage unserer Arbeit und des Vereins."

    Wenn Du, liebe Franzi, mit dieser Solidargemeinschaft in besserer Kommunikation stehst, und vielleicht auch Menschen kennst, die sich erfolgreich gegen die Nötigung gewehrt haben, dann magst Du das denen vielleicht mitteilen? Ich hatte ihnen auch das o.g. Buch empfohlen und ob sie es auf ihrer Webseite bekannt geben möchten, darauf haben sie bisher gar nichts geantwortet. Viele liebe Grüße, Ariane

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Gedanken einer "Schulhasserin"

"Als ich noch zur Schule ging, wurde ich oft gefragt, ob es mir gefiele. Manchmal sagte ich ja, manchmal nein. Allerdings dachte ich...