Dienstag, 3. Dezember 2013

Ein 16jähriger teilt seine Erfahrungen...

Lieber J., ich danke Dir, dass ich diesen Bericht veröffentlichen darf, den Du mir vor ein paar Wochen zuschicktest. Ich war und bin noch immer sehr berührt und hoffe, dass auch andere davon berührt sein werden! Danke!

Hi,
ich habe eben erst den Blog kennengelernt und hab ein wenig darin gelesen.
Es scheint mir, als wäre der Schwerpunkt eher bei Jüngeren also im Grundschulalter und deswegen wollte ich mal ein bißchen von meiner Schule erzählen.
Ich bin 16 Jahre alt und gehe auf ein Gymnasium in NRW.
Ich bin jetzt in der EF, das ist der Anfang der Oberstufe.
Ich hatte schon öfters mal Probleme in der Schule mit Fächern wie Französisch, oder Situationen wie "Keine Lust mehr rumkommandiert zu werden" :D
Wenn ich morgens vom sanften Klingen meines Weckers geweckt werde, habe ich von Anfang an schlechte Laune weil ich daran denke, wieder in die Schule zu gehen.
Meine Mutter sagt, dass als ich klein war ich immer in die Schule wollte, ich habe eine größere Schwester und hatte deswegen auch noch mehr Interesse.
Außerdem erzählen mir Leute aus meiner Familie und Menschen die mich länger kennen, dass ich als Kind immer gut gelaunt war und lustig war. 
Jetzt bin ich immer schlecht gelaunt und aggressiv.
Wenn ich also morgens aufstehe, denk ich auch sofort, ob ich mich nicht lieber krank stellen soll, um nicht in die Schule gehen zu müssen, aber ich quäle mich trotzdem hin weil ich weiß das ich es muss...
Also sitz ich in der Schule, schlecht gelaunt, und muss mir 9-11 Stunden Dinge anhören, die ich wahrscheinlich kurz nach dem Abi oder Studium längst vergessen hab und nie wieder brauchen werde.
Dann gibt es natürlich auch immer die wirklichen Hassfächer, die man einfach nicht kann und für die man dann schlechte Noten bekommt...
Ich bin sehr interessiert in Computer und habe mir selber beigebracht zu Programmieren. Jetzt in der Oberstufe hatte ich die Möglichkeit "Informatik" zu wählen, was ich natürlich gemacht habe weil ich dachte dann könnte ich ja was lernen.
Aber falsch gedacht. Ich habe jetzt Informatik seit rund 2-3 Monaten und es steht schon fest, dass ich es zum Ende des Jahres abwählen werde.
Wir lernen in der Sprache "Java" schreiben, sogar Befehle auf Deutsch (normalerweise ist es immer Englisch).
Da ich schon Erfahrung beim Programmieren hab kann ich mehr als meine Mitschüler. Aber wenn ich dann einen für den Lehrer "zu komplexen" Weg benutze um zu Programmieren, dann will der Lehrer, dass ich das Projekt neu mache.
Dann habe ich als Beispiel auch noch die "Alte Schule" der Lehrer. Bis vor kurzem hatte ich eine Englisch-Lehrerin, die jetzt in Rente ist. (Sie war auch gleichzeitig meine Erdkunde-Lehrerin)
Ich hatte zu der Zeit zwei verschiedene Englischkurse. Einmal den Standardkurs bei "Frau Alt" :D und einen Wirtschaftsenglisch-Kurs bei "Frau Streng"^^. 
Der Wirtschaftsenglisch-Kurs war sozusagen ein Englischkurs für Fortgeschrittene, er war schwerer, vor allem bei der Lehrerin und wir haben Dinge gemacht wie auf Englisch politische Reden, wirtschaftliche Systeme oder anderes zu schreiben/analysieren. In dem Kurs stand ich 2. 
Dann gab es den Standardenglisch-Kurs. Mit den leichtesten Worten und Aufgaben, mit einer Lehrerin die kaum Englisch sprach (Frau Alt).
Nun sollte man denken, dass der Kurs viel einfacher war und ich 1+ stehe... aber die "Frau Alt" war wohl allergisch gegen schwerere Worte, Satzstellungen und Redewendungen.
Die Lehrerin hasste sozusagen die Leute der Wirtschaftsenglisch-Kurse und hat alle schlecht benotet. 
Im mündlichen Bereich kann sie sich ja sowieso alles mögliche Ausdenken, aber in den Arbeiten hat sie völlig richtige Sachen weggestrichen oder einfach geschrieben "Aufgabe verfehlt".
In dem Kurs hatte ich eine 4...
In Erdkunde war sie auf dem Stand von 1970... aber egal...
Dann gibt es natürlich auch die rassistischen Lehrer, ich selber bin aber Deutsch. Aber ich habe ausländische Freunde, die normal Deutsch sprechen und auch in Deutschland geboren und aufgewachsen sind.
Bei den Schülern hat sie in Deutsch oft drunter geschrieben "Aufgabe verfehlt" und hat ihnen einfach eine 6 gegeben.
Wenn ich in der Schule bin fühle ich mich total depressiv und "ausgepowert". Ich habe einfach keinen Bock mehr, jeden Tag aufs Neue in die Schule zu gehen für so lange, dann noch Hausaufgaben zu machen, für Arbeiten zu lernen und eventuell sogar noch Nachhilfe zu nehmen.
Zuhause macht man dann noch ein paar Stunden was einem gefällt, aber dann will ich oft nicht schlafen gehen, weil ich denke, wenn ich jetzt Schlafen gehe, wach ich auf und muss wieder in die Schule...
Man kann das Gefühl kaum beschreiben, wenn man aufsteht. Es ist einerseits Müdigkeit, Lustlosigkeit aber auch tiefer Hass. Es fühlt sich an, als ob der Körper selbst sich dagegen wehrt, und in der Schule selbst kann man den Kopf vor Langeweile kaum oben behalten.
Am schlimmsten ist es nach den Ferien, wenn man plötzlich wieder um 6 aufstehen muss. Das Schlimmste ist, dass man oft direkt nach den Ferien wieder Arbeiten schreibt und deswegen auch in den Ferien lernen muss. 
Es muss lustig anzusehen sein, wenn man die Schüler in der Schule in den Pausen sieht. Die meisten sitzen in Gruppen rum und sagen nur "Ich hab keinen Bock mehr", starren in die Gegend. Andere schreiben Hausaufgaben ab, wenn überhaupt jemand es geschafft hat diese zu machen ohne die Nerven zu verlieren.
 Das Schulsystem ist so schlecht, sogar das Material selbst ist schlecht. Ich habe im Moment ein Reli-Buch aus dem Jahr 1997, das wie es aussieht in Wasser gelagert wurde...
Ich werde trotz all dem mein Abi machen und Studieren...
Weil ich es muss, weil ich sonst vielleicht nicht weit im Job komme und vor allem weil mein Vater es gewollt hätte...
 Jetzt hab ich Wochenende... und kann mich nicht entspannen, weil die nächste Woche ansteht...

Mit freundlichen Grüßen J. ...

5 Kommentare:

  1. Durchhalten mein Lieber! Ich habe in meiner Schulzeit ganz aehnliche Erfahrungen gemacht. Habe z.B. Englisch so bald es moeglich war mit einer 5, also 'mangelhaft', abgewaehlt, und bin heute der Ueberzeugung, dass das nur am Lehrer lag, denn nach dem Abitur hab ich ne Buerolehre angefangen, und dabei Englisch gelernt ohne es zu merken.... ein paar Jahre spaeter ging ich fuer ein Jahr ins Ausland .... und nun lebe ich hier im Ausland und die Menschen hier scheinen gar nicht mehr zu bemerken, dass Englisch nicht meine Muttersprache ist .... vor 2 Jahren bin ich zurueck an die Uni, weil ich dann (mit 35!) herausgefunden hatte, was ich wirklich machen will .... ich habe also meinen Weg gefunden und das wirst Du auch! .... so qualvoll es jetzt scheint, glaub mir in ein paar Jahren wirst Du laechelnd zurueckschauen und Deine Energie in Deine Zukunft stecken. .... Versuch Dein Abitur zu machen, denn das wird Dir viele Tueren oeffnen, aber mach Dir nicht so viele Gedanken ueber einzelne Schulnoten - die zaehlen spaeter so wie so nichts. ..... Und wenn Du kannst, mach erstmal ne Lehre nach dem Abi, verdiene Geld, geh vielleicht auch ein wenig backpacken so wie ich damals und finde heraus welche Berufsrichtung zu Deiner Persoenlichkeit passt, bevor Du dann zur Uni gehst, wo Du dann hoffentlich was lernen kannst, was Du super spannend findest! Nach dem Abitur hast Du Dir diese Pause von Klausuren so wie so verdient! .... Also: nicht unterkriegen lassen! .... einfach durchhalten! ..... Alles Gute!

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    1. @Anonym: Die Frage ist natürlich, warum beginnst Du Deinen Kommentar mit "Durchhalten mein Lieber!"? All das, was Du dann beschreibst, könnte der 16 jährige ja auch schon viel früher machen. Man muss keine 35 werden um herauszufinden was man machen möchte; egal ob beruflich oder privat. Menschen, die ihre Berufung finden, machen in beiden Lebensbereiche dasselbe oder anders gesagt: sie trennen die beiden Lebensbereiche nicht.

      Es werden langsam immer mehr Menschen in DE, die den Schulzwang nicht akzeptieren. Zum Glück! Hier gehört das Ausrufezeichen hin; hinter Deinen einleitenden Satz leider nicht. Jemanden darin zu bestärken, sein Leben in einer Belehrungsanstalt zu verplempern und anschließend Beispiele für deren Sinnlosigkeit aufzuzählen, ist ein bisschen widersprüchlich.

      Gruß Matti

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  2. Und wenn man keine Lust hat zu lernen ist man der dumme, pubertierende Teenie, der keine Ahnung vom Leben hat...

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  3. Der Beitrag hätte von mir sein können!

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  4. Lieber J.

    Mein Kommentar kommt wahrscheinlich etwas spät. Ich habe diesen Blog erst jetzt aus Langeweile gefunden und bin schließlich auf deinen Beitrag gekommen. Im Moment gehe ich noch auf die Realschule, bin aber bald raus. Immer wenn ich früher aufgestanden bin konnte ich mich noch mit Dingen manipulieren wie gute Arbeiten, diese wiederzubekommen und sich auf das Lob zu freuen. Mittlerweile ist dem nicht mehr so und wenn ich meinen Wecker höre ist das erste Wort was ich mir denke „Scheiße!“ Und das beschreibt auch meine Gefühlslage. Wie du schon beschrieben hast fühlt man sich müde, ausgepowert und hat absolut keine Lust wieder in die Schule zu gehen, dem Unterricht „teilweise“ zu folgen und für darauf folgende Arbeiten neuen Lernstoff auf zuschreiben, den man sich einmal im Leben anschaut und dann wieder vergisst. Wenn ich dann nach einem stressigen Schultag nachhause komme muss ich mich zusammenreißen nicht sofort einzuschlafen beim Lernen, weil wie du schon sagtest man am Abend noch so viel Freizeit wie möglich haben möchte und einfach nicht wieder am nächsten Tag denselben Kreislauf aufs neue durchleben will, darum legt man sich lieber etwas später ins Bett. Bei manchen fächern verlangen sie von uns immer das man vor der Stunde sich vorbereitet. Für die Lehrer ist dies kein Thema da der Schüler sich ja aus ihrer Sicht nur auf ihr Fach vorbereiten muss die anderen sind ja nicht so wichtig. Mein Mathe Lehrer z.B. sieht jedes Fach als unwichtig an außer Mathe so wird oft mal nicht verstanden warum man grade heute nicht für sein Fach gelernt hatte, weil man sich mehr auf Biologie konzentrieren musste. Zudem man sich in der Freizeit die man nach der schule, den Hausaufgaben und dem lernen wie dem täglichen vorbereiten der anderen Fächer mit seinen Interessen beschäftigen möchte. Schließlich lernt man seine Berufung doch erst kennen wenn man seine Interessen weiß und seine Talente auch ausüben kann oder nicht? In Fächer wie Französisch hat man bei uns auch oftmals ein Problem wenn man sich nicht jede Stunde vorbereitet und für eine Sprachniete wie mich der so etwas wie Fremdsprache sehr schwer fällt ist das eine große Belastung zumal ein auch die Lust nach einer Weile fehlt da man einfach nicht hinter her kommt und teilweise nur für eventuell Arbeiten lernt die man am Ende eh nicht schreibt. Da denkt man sich oft lern ich einfach nicht schreiben doch eh keine und man ist froh etwas mehr Freizeit zu besitzen. Diese Freizeit wiederum vergeude ich aber nur mit schlafen da mir die Schule oft sehr viel Energie raubt. Doch wie gesagt auch wenn einen die Schule nicht gut tut und man weiß Gott sehr wenig in Wahrheit lernt, das einen später auch nützlich sein könnte muss man diese bis zum Schluss durch ziehen um einen Abschluss zu schaffen. Darum ist mein einziges Ziel das ich nach meinem Abschluss meine Berufung finde. Dabei sollten meine Noten nicht im Weg stehen. Und wenn ich dafür auf dem Zeugnis eine 2. Fremdsprache haben muss die ich zwar kaum beherrsche und die mich sehr belastet dann muss ich da wohl durch.
    Trotzdem frage ich mich ob das Sinn macht den Schülern durch zwang und druck Wissen zu vermitteln und welche Werte der Schüler eigentlich bei seinem Abschluss mit auf den Weg bekommt.
    Das einzige was dem Schüler von Anfang an beigebracht wird ist das Wissen das er einen Abschluss brauch und eine Ausbildung machen muss um in diesem System zu überleben und Geld zu verdienen um sich zu versorgen. Ich gehe nach meinem Abschluss auf eine weiterführende Schule um meine Fachhochschulreife zu erlangen. Teilweise aber auch nur weil ich mit 16 noch nicht weiß was ich mein ganzes Leben lang tuen möchte und so geht es bestimmt vielen. Wie will man auch mit so wenig Lebenserfahrung schon so eine große Entscheidung treffen können ohne Zweifel?

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